Mit Nachhaltigkeit zur Energiewende - Walter Sachs im Interview
Walter Sachs ist Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Sonnenenergie SSES, des Verbandes unabhängiger Energieerzeuger VESE und Geschäftsleitungsmitglied der Solar Campus GmbH.
Das macht ihn zum idealen Experten, um über die Bedeutung der Solarenergie in der Schweiz zu sprechen. Was läuft gut? Was könnte besser sein? Lesen Sie im Folgenden unser Interview mit Walter Sachs und erfahren Sie mehr über die Energiewende und Nachhaltigkeit in der Schweiz.
Interview mit Walter Sachs
Im Mai 2018 haben wir Dipl.-Ing. Walter Sachs gebeten, sich einigen Fragen zum Thema Solarenergie in der Schweiz zu stellen. Das waren seine Antworten:
Herr Sachs, woher kommt Ihre Leidenschaft für die Solarenergie?
Leidenschaft ist vielleicht das falsche Wort, auch wenn mir die Sonnenenergie sehr am Herzen liegt - die Solarenergie ist erforderlich, um die Energiewende, deren Notwendigkeit von praktisch niemandem mehr in Frage gestellt wird, zu bewerkstelligen. Und die Zeit drängt. Wenn wir die Ziele des Klimaabkommens von Paris - zu welchen sich auch die Schweiz verpflichtet hat - einhalten wollen, müssen wir bis 2040 die weltweite Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien umgestellt haben.
Um Ihnen eine Grössenordnung zu geben, vor welche Herausforderungen uns das stellt: Heute verheizt und verfährt die Schweiz jährlich soviel Erdöl, wie in einer Tanklastwagen-Schlange von Lagos im Ölförderland Nigeria bis nach Basel Platz hätten. Solarenergie ist in diesem Zusammenhang ein sehr wichtiger Teil der Energiewende.
De facto stellt sie nebst der Verbrennung von fossilen Energieträgern und dem Einsparen von Energie die einzige Möglichkeit der Energieumwandlung dar, welche von jedem/jeder BürgerIn gemacht werden kann.
Welche Entwicklungen beobachten Sie aktuell im Schweizer Solarmarkt?
Die Solarenergie ist definitiv beim Endverbraucher angekommen. Immer mehr neu gebaute und bestehende Häuser werden durch die Sonne mit Wärme und Strom versorgt. Daneben entstehen ganze Arealstromnetze, welche durch die neue Möglichkeit des «Zusammenschlusses für Eigenverbrauch», der sogenannten ZEV, ermöglicht werden.
Von welchen Trends profitieren Personen, die in eine Solaranlage investieren möchten?
Solarenergie ist in den letzten Jahren immer preiswerter geworden. Solche Anlagen sind meist innerhalb von 20 Jahren rentabel. Auch sind die Anlagen - seien es thermische oder PV-Anlagen - technisch ausgereift und standardisiert.
Seit einiger Zeit sind PV-Anlagen bei richtiger Planung auch in der Lage, das Haus bei einem Stromausfall weiter mit Energie zu versorgen - mit einer Batterie sogar nachts. Das gibt einem, nebst Vorteilen wie preiswerterem Strom oder dem schönen Gefühl, mit Sonnenenergie kochen und duschen zu können, die Sicherheit, dass man auch bei einem Stromausfall «nicht im Dunkeln» sitzt.
Wie bewerten Sie die aktuelle Förderlandschaft?
Für die Solarthermie wurden mit Einführung der «thermischen Kollektornennleistung» (TKN) einheitliche Fördergrundlagen geschaffen, welche endlich auch die Röhrenkollektoren korrekt berücksichtigt. Im Photovoltaik-Bereich ist die aktuelle Fördersituation gekennzeichnet durch lange Wartefristen und eine Begrenzung der Mittel.
Fast wichtiger als die Förderung an sich ist aber, dass Investoren langfristige Stabilität und Sicherheiten haben - das ist zurzeit insbesondere bei den Rückliefertarifen nicht der Fall. Diese langfristige Stabilität wäre aber wesentlich: wir könnten damit potentiellen Investoren die Bestätigung geben, dass es unerlässlich und richtig ist, Solarenergie zu installieren und dass die Gesellschaft als solche hinter der Energiewende steht.
Alle reden über «Eigenverbrauch», was ist wirklich dran?
Fakt ist, dass durch den Eigenverbrauch Solaranlagen besser amortisiert und wirtschaftlicher betrieben werden können. Dies ist insbesondere auch beim «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch» der Fall, das heisst dem Eigenverbrauch auf Mehrfamilienhaus- oder Arealebene.
Technisch gesehen ist der Eigenverbrauch aber eher eine Frage der gegebenen Systemgrenzen, so kann es technisch und auch volkswirtschaftlich gesehen sinnvoller sein, die Stromerzeugungs- und Verbrauchscharakteristiken auf Quartierebene respektive auf «Ebene Trafostation» anzuschauen.
Welchen Chancen und Herausforderungen sind die Installateure ausgesetzt?
Ich würde diese Frage allgemeiner stellen: Wo steht unsere Gesellschaft? Was sind die Herausforderungen? Fakt ist, dass der Klimawandel wohl schneller kommt als erwartet - und dass wir die letzte Generation sind, die dies noch stoppen respektive verlangsamen kann. Unsere Herausforderung besteht darin, das Energiesystem in allen Sektoren bis 2040 umzubauen.
Diese Herausforderung ist zu meistern. Installateure, Ingenieure, Ökonomen und Finanzinstitute werden hier eine wichtige Rolle spielen, genauso wie jeder einzelne von uns. Wir alle sind gefordert, unseren «Energiekonsum» nachhaltiger zu gestalten.
Sie haben vor kurzem das forumE ins Leben gerufen. Welches Ziel verfolgt die Plattform?
Das «forumE.ch» verfolgt das Ziel, alle an der Energiewende beteiligten Akteure, seien es Laien, KonsumentInnen oder Installateure und Hersteller miteinander zu vernetzen. Wir sind überzeugt, dass das Gelingen der Energiewende auch vom Zusammenspiel der einzelnen Akteure abhängt.
Mit dem Energiewendeforum «forumE.ch» schaffen wir eine niederschwellige Möglichkeit der Kommunikation, welche bereits intensiv genutzt wird - von Fragen «welcher Wechselrichter ist für diese Anlage der beste» bis hin zu «ich wohne im Berggebiet - macht ein Elektroauto im Winter Sinn?» werden hier viele Themenbereiche diskutiert und Antworten geliefert.
Wie prägen Sie als Verband den Schweizer Solarmarkt?
Wir hoffen nicht nur den Solarmarkt, sondern allgemein die Energiewende mitzuprägen! Konkret kann ich Ihnen gerne aktuelle Beispiele geben: So haben wir, zusammen mit Swissolar und dem VSE, verschiedene Gespräche mit verantwortlichen Akteuren betreffs des Themas Produktionszähler geführt.
Weiterhin sind wir durch unseren Fachverband VESE im Kontakt mit mehreren EVUs bezüglich der Rückliefertarife. Auch hier konnten wir erste Erfolge verzeichnen. Und als Organisatorin der «Tage der Sonne» haben wir uns sehr über die über 150 gut besuchten Veranstaltungen zur Solarenergie in der ganzen Schweiz im Mai und Juni 2018 gefreut!
Im Bereich Kommunikation waren wir mit den letzten beiden Ausgaben unserer Zeitschrift «Erneuerbare Energien» mit je einem Schwerpunkt an Architekten (Stichwort «Solararchitektur», Ausgabe 01/18) sowie einer Schwerpunktausgabe zu den Tagen der Sonne speziell für Endverbraucher aktiv.
Wir danken Walter Sachs herzlich für seine Einschätzung zur Solarenergie in der Schweiz.