Zusammenschluss zum Eigenverbrauch - gemeinsam Solarstrom nutzen
Wer als Immobilienbesitzer bzw. Vermieter seine Solaranlage profitabel betreiben möchte, kann mit seinen Mietern einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) gründen. So wird umweltfreundlich gewonnener Solarstrom direkt vor Ort verbraucht und die Mieter können von günstigeren Strompreisen profitieren.
Wie das Prinzip funktioniert, was es bei der Gründung eines ZEV zu beachten gilt und wie Messung und Abrechnung ablaufen müssen, lesen Sie hier. Informieren Sie sich jetzt über das Modell der Eigenverbrauchsgemeinschaft.
Allgemeines zum ZEV
Der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) - vormals bekannt unter der Bezeichnung Eigenverbrauchsgemeinschaft (EVG) - ist ein vertraglicher Zusammenschluss zwischen mehreren Endverbrauchern. Ziel ist es, selbst produzierten Solarstrom direkt vor Ort selbst zu verbrauchen.
Etwa 60 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz lebt in Mehrfamilienhäusern (Quelle: Verband unabhängiger Energieerzeuger VESE). Für die Besitzer solcher Immobilien ist das ZEV-Modell wirtschaftlich attraktiv, weil durch höheren Eigenverbrauch die Rendite der Solaranlage steigt. Die Bewohner wiederum profitieren in aller Regel durch günstigere Stromrechnungen. Und noch eine gute Nachricht: Durch das totalrevidierte Energiegesetz ist es seit dem 1.1.2018 deutlich einfacher möglich, einen ZEV zu gründen.
Prinzip und Vorteile der Eigenverbrauchsgemeinschaft
Im Prinzip funktioniert der Zusammenschluss so: Der Gebäudeeigentümer bzw. Vermieter verkauft den produzierten Solarstrom seinen Mietern und dem örtlichen Energieversorger (Verteilnetzbetreiber, VNB). Er allein rechnet gegenüber dem VNB die Einspeisevergütung bzw. Rückspeisevergütung und den aus dem öffentlichen Netz bezogenen Strom ab. Je mehr Strom seine Mietparteien verbrauchen, desto wirtschaftlicher kann er seine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) betreiben.
Während die Solaranlage tagsüber mehr Strom erzeugt als im Haus verbraucht wird, kann der Stromüberschuss ins Netz eingespeist werden. Dafür zahlt der Energieversorgung eine Rückspeisevergütung. Abends, wenn der Verbrauch die Produktionsmenge übersteigt, beziehen die Mieter des ZEV ihren Strom wie bisher vom Energieversorger. Die Stromrechnung bekommen die Mitglieder eines ZEV nun jedoch vom Vermieter.
Wie wird der ZEV-interne Strompreis berechnet?
Der ZEV-interne Strompreis, den der Vermieter berechnet, ergibt sich gemäss Art. 16 Energieversorgung (EnV) aus folgenden Punkten bzw. Rahmenbedingungen:
+ Anrechenbare Kosten der PV-Anlage
+ Kosten für Betrieb und Wartung
+ Kosten für zugekauften Strom
+ Kosten für Messung und Abrechnung
- Abzüglich Rückspeisevergütung für eingespeisten Strom
In jedem Fall darf der Strompreis, den der Vermieter seinen Mietern berechnet, nicht höher sein als der Tarif des öffentlichen Energieversorgers. Sofern die internen Kosten niedriger sind als die des extern bezogenen Stromprodukts, kann dem Mieter nach Art. 16 EnV «zusätzlich höchstens die Hälfte der erzielten Einsparung» in Rechnung gestellt werden.
Somit wird ein Mieter, der sich einem ZEV anschliesst, in der Regel eine niedrigere Stromrechnung bekommen. Dies ist sicher auch der grösste Anreiz für Mieter. Oft in Kombination mit dem Wunsch, «sauber» und lokal zu produzierten Solarstrom zu nutzen. Dem Eigentümer bringt der Zusammenschluss eine höhere Rendite - eine klassische Win-Win-Situation. Darüber hinaus leisten alle Beteiligten ihren persönlichen Beitrag zur Energiewende.
Fakten zum Strompreis im ZEV
- Der Vermieter bestimmt den Strompreis selbst, muss sich aber an bestimmte Grundsätze halten.
- Der ZEV-Strompreis darf nicht höher sein als der des Energieversorgers.
- Wenn der Strompreis darunter liegt, darf der Vermieter maximal 50 % der Einsparung als Profit erwirtschaften.
Zusammenschluss zum Eigenverbrauch - Vorteile
Die nennenswertesten Vorteile des ZEV aus Sicht von Mietern und Eigentümern haben wir in der folgenden Tabelle zusammengestellt:
Vorteile Mieter
in der Regel günstigerer Strompreis
bessere «Stromqualität» durch selbstgewonnenen, regionalen Strom
persönlicher Beitrag zur Energiewende
Vorteile Eigentümer
höhere Rendite aus der Photovoltaik-Anlage
Wertsteigerung des Gebäudes
attraktiveres Mietangebot
persönlicher Beitrag zur Energiewende
Verrechnung und Messmethoden
Die Abrechnung des Vermieters gegenüber den Mietern hat verbrauchsabhängig zu erfolgen, sodass ein sogenanntes Sub-Metering nötig ist - also eine Verbrauchsmessung für jede einzelne Wohnung. Messgeräte dazu können, müssen aber nicht sogenannte Smart Meter sein. Diese intelligenten Stromzähler verfügen im Vergleich zum analogen Zähler über einige Vorteile. So sind z.B. keine manuellen Ablesungen vor Ort mehr nötig - die Zähler übermitteln die Verbrauchsdaten automatisch per Funk-Datenverbindung.
Die Erstellung der Abrechnungen an die einzelnen Mietparteien ist grundsätzlich Sache des Vermieters. Er tritt als Ansprechpartner des ZEV gegenüber dem Energieversorger oder einem Dritt-ZEV-Dienstleister auf und versendet die individuellen Stromrechnungen an seine Mieter. Es gibt aber auch Energieversorger oder eben Drittdienstleister, die diese Aufgabe gegen Gebühr übernehmen. Das reicht von der Erstellung der Rechnung für die Endkunden bis zum Inkasso - basierend auf einem entsprechenden Dienstleistungsvertrag. Im Idealfall ist damit der Arbeitsaufwand für den ZEV-Verantwortlichen sehr niedrig.
Beispielrechnungen
Wie bei der kleinen, im Einfamilienhaus genutzten, PV-Anlage gilt auch bei grösseren Anlagen: Je höher der Eigenverbrauchsanteil, desto rentabler. Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen, wie sich unterschiedliche Eigenverbrauchsanteile auf die Jahresstromrechnung auswirken.
Vorab: Der jährliche Durchschnittsverbrauch in einer Mehrfamilienhaus-Wohnung mit zwei Personen beträgt rund 2'800 kWh Strom inklusive allgemeiner Gebäudetechnik (Quelle: Schweizerische Agentur für Energieeffizienz S.A.F.E.). In einem Gebäude mit vier Wohneinheiten beispielsweise vervierfacht sich dementsprechend der Verbrauch (hier: 11'200 kWh). Wird dazu noch mit einer Wärmepumpe geheizt, erhöht sich der jährliche Stromverbrauch auf angenommene 20'000 kWh, mit denen wir nun in unserem Beispiel rechnen.
Stromkostenvergleich mit 20 und 60 Prozent Eigenverbrauch
Im folgenden Beispiel gehen wir exemplarisch von einer in der Stadt Aarau installierten PV-Anlage mit einer Leistung von 20 Kilowattpeak (kWp) aus, die pro Jahr 18'000 kWh Strom erzeugt. Auf dieser Basis sieht ein direkter Stromkostenvergleich aus Vermieter-Sicht wie folgt aus:
Kosten und Einnahmen | kein Eigenverbrauch | 20% Eigenverbrauch (35'600 kWh) | 60% Eigenverbrauch (109'800 kWh) |
---|---|---|---|
Zukauf von Netzstrom (CHF 0.211/kWh) | CHF 4'220 (20'000 kWh) | CHF 3'460 (16'400 kWh) | CHF 1'941 (9'200 kWh) |
Jährliche Rückspeisevergütung durch Verkauf (CHF 0.089/kWh) | - | CHF 1'282 (14'400 kWh) | CHF 641 (7'200 kWh) |
Jährliche Stromkosten (Abrechnung Stromdienstleister) | CHF 4'220 | CHF 2'178 | CHF 1'300 |
Ertrag durch Mieter (CHF 0.211/kWh) | - | CHF 760 | CHF 2'280 |
Jährliche Ersparnis (4'220 - Jährliche Stromkosten + Ertrag Mieter) | - | CHF 2'802 | CHF 5'200 |
Aus dem Stromkostenvergleich geht hervor: Wird der Strombedarf (20'000 kWh jährlich) komplett durch Netzbezug gedeckt, entstehen Kosten in Höhe von CHF 4'220. Mit der oben angegebenen PV-Anlage lassen sich diese Kosten bei 20 Prozent Eigenverbrauch um jährlich rund CHF 2'800 verringern. Bei 60 Prozent Eigenverbrauch lassen sich sogar CHF 5'200 einsparen. Berücksichtigt worden sind dabei jeweils auch die Einnahmen durch den ZEV-internen Strom, den der Vermieter zum Preis von 21 Rappen pro Kilowattstunde an seine Mieter verkauft.
Gründung eines ZEV
Die einzelnen Bedingungen zur Gründung eines ZEV sind umfangreich und sollten mit Fachleuten im Detail besprochen werden, um letztlich auch rechtlich abgesichert zu sein. Die Partner von Energieheld unterstützen Sie gern bei der Gründung eines ZEV.
Elementare Grundvoraussetzungen für den Zusammenschluss zum Eigenverbrauch sind jedoch:
- Die PV-Anlage muss hinter demselben Netzanschluss liegen wie die Verbraucher. Der Eigenverbrauch darf nicht das Verteilnetz des Energieversorgers in Anspruch genommen haben.
- Die Produktionsleistung der PV-Anlage liegt bei wenigstens 10 % der Anschlussleistung des Zusammenschlusses.
Sind diese Punkte gegeben, kann prinzipiell ein ZEV gegründet werden. Dann wiederum folgen weitere Massnahmen wie:
- die Bestimmung eines Ansprechpartners, der den ZEV nach aussen hin vertritt,
- die Mitteilung an den Energieversorger, wie der Verbrauch innerhalb der einzelnen Wohnungen gemessen wird,
- die Entscheidung, welches Stromprodukt des Energieversorgers künftig genutzt werden soll
Übrigens: Nicht nur Mieter innerhalb eines Mehrfamilienhauses können sich zusammenschliessen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass mehrere nahe beieinanderstehende Häuser einen ZEV bilden. Voraussetzung ist dafür, dass die teilnehmenden Grundstücke lückenlos aneinander liegen. Seit April 2019 gelten auch Grundstücke als zusammenhängend, wenn sie einzig durch eine Strasse, eine Eisenbahntrasse oder ein Fliessgewässer voneinander getrennt sind.
Empfehlung von Energieheld
Wenn Sie als Immobilienbesitzer über die Anschaffung einer PV-Anlage nachdenken, können Sie Ihre Mieter von einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch überzeugen. Eine solche Gemeinschaft lohnt sich sowohl für Sie als Anlagenbetreiber als auch für die Mieter, die ggfls. von geringeren Strompreisen profitieren. Und natürlich leisten Sie und ihre Mieter einen Beitrag zur Energiewende, indem Sie Ihren eigenen Solarstrom direkt vor Ort verbrauchen.
Inwieweit Sie selbst am ZEV mitwirken möchten, entscheiden Sie individuell. Je nach Belieben können Sie zum Beispiel die Abrechnungen selbst übernehmen, oder sie dem Energieversorger als Dienstleister überlassen, sodass Ihnen letztlich kein nennenswerter Arbeitsaufwand entsteht.
Grundsätzlich gilt: Je höher der Eigenverbrauchsanteil, desto besser. Denn: Je weniger Strom Sie von Ihrem Energieversorger zukaufen müssen, desto mehr sparen Sie und Ihre Mieter am Jahresende, weil der selbst erzeugte Strom deutlich günstiger ist.
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