Ruedi Schmid über Indach-Solaranlagen
Die Indach-Solaranlage kann insbesondere bei Renovationen eine gute Alternative zur Aufdachanlage sein. Ruedi Schmid ist ehemaliger Geschäfts- und Projektleiter, heute Verwaltungsrat und Standortleiter Innerschweiz bei der clevergie AG mit Hauptsitz in Wyssachen.
Sein Unternehmen hat sich unter anderem auf individuelle Solaranlagen spezialisiert, die ökologischen, ästhetischen und wirtschaftlichen Ansprüchen gerecht werden.
Ende 2018 ist clevergie für gleich drei Projekte mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet worden. Erfahren Sie jetzt mehr über Vorteile, Varianten und Trends im Energieheld-Interview.
Exklusiv-Interview mit Ruedi Schmid
Wir haben Ruedi Schmid gebeten, sich einigen Fragen zum Thema Indach-Photovoltaik zu stellen. Das waren seine Antworten:
Herr Schmid, wodurch zeichnet sich eine Indach-Solaranlage aus?
Eine Indachanlage ersetzt den Wetterschutz eines Daches und übernimmt so eine Doppelfunktion. Ein Ziegel oder eine andere Dacheindeckung wird überflüssig. Diese Angabe gilt aber auch für Fassaden, denn wir bei clevergie betrachten die gesamte Gebäudehülle als stromproduzierende Fläche am Gebäude. Zudem: Eine Doppelfunktion erreicht man auch mit einem Balkon oder einem anderen funktionellen Bauteil am Gebäude.
Wo liegen die wesentlichen Vorteile im Vergleich zu einer Aufdach-Anlage?
Es gibt mehrere Vorteile. Zum einen machen Indachanlagen die konventionelle Dacheindeckung überflüssig, was sich positiv auf die Gesamtinvestition auswirkt und die Mehrkosten im Vergleich zur Aufdachanlage senkt. Zum anderen haben Indachanlagen einen höheren Wert bezogen auf Optik sowie einen qualitativ höheren Wert durch Argumente wie Marderschutz und UV-Exposition der Solarkabel. Auch oft ein wichtiger Faktor: Durch das randlose Nutzen der Dachfläche ist meistens eine bessere Flächenausnutzung möglich.
Wann können diese Vorteile besonders gut ausgespielt werden? Für wen oder in welchen Fällen ist eine Indach-Solaranlage besonders sinnvoll?
Indachanlagen sind immer dann sinnvoll, wenn die bestehende Dachhaut sowieso ersetzt werden muss, weil diese am Ende der Lebensdauer angelangt ist oder eben bei Neubauten.
Bei Denkmal- und Ortsbildschutz können Indachanlagen ein Thema sein, wenn eine normale Anlage nicht bewilligungsfähig wäre - zum Beispiel wie beim Anlikerhaus in Affoltern im Kanton Bern.
Wir sehen Aufdachanlagen als Brückentechnologie und betrachten Indachanlagen denn auch als DIE zukünftige Standard-Lösung im «Solarkraftwerk Gebäude». Eine Indachanlage kann so für jedermann Sinn machen.
Wie steht es um die Lebensdauer von Indachanlagen? Ist sie höher als bei Aufdachanlagen?
Die Lebensdauer ist vergleichbar, wenn nicht sogar höher, betrachtet man die Punkte wie oben genannt - also zum Beispiel Marderschutz, UV-Exposition Kabel. Eine gute Indachanlage kann beziehungsweise muss auch dann noch Wetterschutz sein, wenn die Anlage keinen Strom mehr liefert - etwa wenn die stromproduzierenden Zellen an ihrem Lebensende angelangt sind.
Wie viel teurer ist durchschnittlich eine Indachanlage im Vergleich?
Diese Aussage ist schwierig mit Sicherheit und generell zu machen. Wir kommunizieren bei einer anstehenden Dachsanierung oft einen Mehrpreis von 10 bis 20 % für die genannten qualitativen Vorteile. Die Amortisationszeit ist entsprechend kürzer oder länger.
Gibt es spezielle Risiken, die sich bei einer Indachanlage ergeben?
Ein Risiko sehe ich eigentlich nur bei der Verwendung von Indachsystemen minderwertiger Qualität. Da kann es dann eben passieren, dass nicht nur die Photovoltaikanlage defekt ist, sondern auch die Dachhaut. Wichtig ist sicherlich auf einen Installateur zu setzen, der vor allem auch elektrisch sein Handwerk versteht und bereit ist, Schnittstellen mit anderen Handwerkern proaktiv zu meistern.
Sie sind für gleich drei Objekte mit dem Schweizer Solarpreis 2018 ausgezeichnet worden. Welches ist ein besonders gutes Beispiel für die gelungene Umsetzung einer gebäudeintegrierten Solaranlage?
Wir sind mit allen Objekten sehr zufrieden und freuen uns sehr über die Auszeichnungen. Die Sanierung Wapf stellt ein schönes Beispiel einer Anwendung als Gebäude mit einem Netto-Solarproduktionsüberschuss dar.
Der Neubau unseres Firmensitzes in Wyssachen und die Solarhäuser in Reichenburg stehen exemplarisch für Solararchitektur über die Dachfläche hinaus. So werden Balkon- und Fassadenflächen als auch eine Schallschutzwand zu optisch stimmig in die Bauteile eingebauten Solarkraftwerken.
Wie zukunftsfähig sind Indach-Solaranlagen?
Zwei Drittel der von clevergie realisierten Solaranlagen sind inzwischen Indachanlagen. Wir sind klar der Meinung, dass der Trend zumindest in Zentraleuropa Richtung integrierte Anlagen geht.
Worauf sollten Hausbesitzer bei der Planung achten?
Wichtig ist es, dass alle beteiligten Unternehmer bereit sind, die Schnittstellen gut zu koordinieren und bereit sind gutes Handwerk zu liefern. Dies, zusammen mit guter Materialqualität, sind die zwei wohl wichtigsten Faktoren, die zum Erfolg eines Indachanlagenprojektes führen.
Worin sehen Sie die Vorteile von Energieheld?
Die Bedeutung bei der Akquise im Internet nimmt laufend zu. Energieheld kann insbesondere dann eine Anlaufstelle sein, wenn jemand, der an der Energiewende teilhaben will, noch keine guten Fachpartner für ein Solarprojekt kennt. Da können gute Kontakte zwischen Endkunde und Installateur geknüpft werden.
Welche Trends in der Solarbranche schätzen Sie als vielversprechend ein?
Es gibt einige Trends, die sich abzeichnen und die wir bei clevergie aktiv mitgestalten. Um nur einige zu nennen: Heizen mit der Sonne, Digitalisierung, Contracting von Photovoltaikanlagen, Elektromobilität und Vernetzung aller Bereiche. Unser Hauptfokus liegt beim fachkompetenten Projektleiter als Energiearchitekt für den Endkunden.
Wir danken Ruedi Schmid herzlich für seine Einschätzungen zur Indach-Photovoltaik in der Schweiz.